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 Der postfaktische Fiskus:
Ein gemeinsames Problem
mit Bürokraten & Populisten
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 Von A, wie der heutigen AFD, bis Z, zu Fellinis historischem Zampano - die Welt war und ist voll von Maulhelden. Aber selten haben diese Spezies so die öffentliche Meinung in freien Gesellschaften beeinflusst.

Ursachen liegen aber nicht nur in missbrauchter Toleranz und fehlendem Faktenwissen in breiten Kreisen der Bevölkerung. Auch die manipulierten sogenannten Sozialen Medien haben nur eine Teilschuld.

Große Verantwortung trägt auch jeder Staatsdiener mit seinem persönlichen Verhalten, wobei wir uns bei FiskusLeaks themenbegründet natürlich besonders auf das Personal des Fiskus im weitesten Sinne beziehen - vom einfachen Finanzbeamten bis zu den Finanzministern, von Justizangestellten bis zu den höchsten Finanzrichtern, vom Gemeindesteueramt bis zu großen beitragsmächtigen Körperschaften.

Der kategorische Imperativ von Immanuel Kant lautet in seiner Grundform: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde". Für Steuern, Gebühren und Beiträge, ist dieses der Anspruch, alle Lasten fair und transparent zu verteilen. Also z. B. alle Einkommensarten angemessen zu besteuern und andererseits Doppelbesteuerungen strikt auszuschließen.

Der Fiskus sollte danach auch nicht mehr Einnahmen anstreben. als er für die notwendigen und gesellschaftlich gewollten Staatsleistungen benötigt.
     
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 Die Realität ist eine andere: Einerseits verzichtet der Fiskus durch geduldete Steuertricks, Klientelvorteile und Erhebungslücken jährlich auf viele Milliarden Euro an Steuereinnahmen, andererseits wird das Steuergeld durch unsinnige Bürokratie und teure Fehlinvestitionen ebenfalls milliardenschwer zum Fenster hinausgeworfen. Zeitgleich leiden normale Steuerzahler und der wirtschaftstragende Mittelstand besonders unter hohen Steuer- und Abgabenlasten und werden mit einer quälenden Bürokratie an der kurzen Leine geführt.

Konfrontieren Bürger(innen) die Verwaltung mit konkreten Problemen, werden sie oft nicht ernstgenommen, mit inhaltsleeren Floskeln abgewiesen. Ist mehr als eine Dienststelle für ein Thema zuständig, ist automatisch sofort niemand mehr verantwortlich - und die Betroffenen werden von A nach B und C - und wieder zurückverwiesen.

Auch die Gerichte bieten oft nicht den Weg zur Gerechtigkeit. Ganze Klagen können wegen ungeklärten Zuständigkeiten oder fehlenden Formalien im kostenträchtigen Nichts enden. Finanzrichter, die in einem Urteil nachweislich eigene Lügen zur Urteilsgrundlage gemacht haben, bleiben unbehelligt, selbst vor dem BFH. Die alte Regel, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, gilt beim Fiskus eben vom kleinsten Beamten bis durch eine - wenn es darauf ankommt - faktenresistente Justiz.

Wenn wir nun den großen Erfolg der politischen Populisten beklagen, liegen die Ursachen nicht nur bei Vorurteilen gegen Flüchtlinge. Staatsvertrauen oder Staatsfrust steckt in jedem kleinen oder großen Verwaltungsakt, in jeder Genehmigung und in jeder Ablehnung.

In diesem Sinne sind viele Bürokraten leider keine bürgerfreundlichen Staatsdiener. Das populistisch gefühlte Spektrum reicht von unmotivierten Faulpelzen bis zu dekadenten Schreibtischkönigen. Das Ergebnis sind frustrierte Bürger, die die Werte unserer Gesellschaft nicht mehr erkennen, nicht mehr oder nur noch Populisten wählen.

Mir ist klar, dass die Vorwürfe längst nicht auf alle Staatsdiener zutreffen. Viele machen ordentliche Sacharbeit, sind freundlich und hilfsbereit, versuchen sogar reformorientiert Verbesserungen durchzusetzen - aber gefühlt sind diese zu oft in der Minderheit - oder eben nicht ergebnisbringend zuständig.
     
   
   
 Seit FiskusLeaks 2016 gegründet wurde, mussten wir erleben, dass Redaktionsanfragen bei behördlichen Pressestellen oft nur sehr oberflächlich beantwortet werden. Fakten werden teilweise verweigert oder sind angeblich gar nicht vorhanden, selbst wenn es um Steuer-Millionen geht. Recherchen werden damit viel zeitaufwendiger, die Ergebnisse können erst viel später veröffentlicht werden - und man schafft viel weniger Neuthemen. Auch die Nachverfolgung und Aktualisierung der Bestandsthemen wird dadurch ausgebremst.

Die faktische Gegenwart ist eben auch für die journalistische Aufklärung der unbequemere Weg.

Rolf Albrecht
     
   
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