Wir benutzen nur Cookies, die für die Funktionalität der Webseiten erforderlich sind. Weitere Informationen zu Cookies finden Sie in der Datenschutzerklärung.
Fachwissen für den professionellen Leser Edition Professionell www.ed-pro.de
Startseite Übersicht Leserbereich Kontakt per E-Mail Datenschutz Impressum
 "Die Schattenseite" - Willkür-Urteil gegen Can Dündar
bestätigt: Türkei driftet weiter
Richtung Diktatur ab
    zurück blättern  
   
 Als Fachjournalist befasst man sich im Berufsalltag meist nur bei konkretem fachlichen Bezug mit Teilthemen der Politik. Aber auch Fachjournalismus ist letztlich nicht unpolitisch. Und in politisch kritischen Zeiten kann auch mal das allgemeine politische Herz durchbrechen - bei mir aktuell durch die tiefe Enttäuschung, wie schnell und radikal mit der Türkei ein bisheriger EU-Beitrittskandidat in Richtung Diktatur abdriftet.

Dass die Weltmacht China als Parteidiktatur keine Pressefreiheit kennt, ist nichts Neues.

In Russland, als Putins Autokratie, sind schon einige Medienkollegen und namhafte Oppositionelle auf offiziell ungeklärte Weise ums Leben gekommen oder mit absurden Anschuldigungen hinter Gittern gelandet.

Der abgewählte US-Präsident Donald Trump, das Idol faktenbefreiter Populisten, beklagt, die (ihm kritischen) Medien seien außer Kontrolle, wörtlich "out of control" geraten, was nur bezeugt, dass er die Unabhängigkeit von Kontrolle, als Grundlage der Pressefreiheit nicht mal im Ansatz begriffen hat - oder bewusst unterlaufen will.

Starke Demokratien müssen dafür sorgen, dass aus diesen gravierenden Vorkommnissen kein Trend, kein Flächenbrand gegen die Pressefreiheit wird.

Und da dürfen die Journalisten-Kollegen der politischen Medien nicht alleinstehen: Deshalb habe ich als Fachjournalist mehrfach mein Aufgabengebiet überschritten, um mit der nebenstehenden "Schattenseite" als Rückseiten-Titel auf der Druckausgabe im März 2017 ein Zeichen zu setzen.

Da Erdogan bereits vor dem Verfassungsreferendum öffentlich erklärt hat, dass Deniz Yücel unter seiner Präsidentschaft keine Chance auf Haftentlassung hat, waren auch die Erwartungen für die übrigen willkürlich inhaftierten Journalisten nicht besser.

Dass es in der Türkei keine unabhängige Justiz mehr gibt, hat Erdogan damit selbst bestätigt.

Obendrein hat sich die Situation, abgesehen von einzelnen Freilassungen, wie Deniz Yücel, teils noch verschlechtert. Weitere Journalisten wurden inhaftiert und selbst ausländische Menschenrechts-Beobachter wurden willfährig eingekerkert. Offenbar gibt es über 100 inhaftierte Journalisten, wobei die Zahlen schwanken und schwer nachprüfbar sind.

Zudem zeigte sich auch an den im März 2019 mehreren deutschen Journalisten verweigerten Akkreditierungen, dass kritische Recherche unerwünscht bleibt.

Can Dündar - zum Glück in Berlin im Exil

Am 23.12.2020 hat Erdogan mit seiner offenkundig hörigen Scheinjustiz noch einen draufgesetzt und den ins Exil nach Berlin vertriebenen Chefredakteur der Cumhuriyet, Can Dündar, wegen Terrorunterstützung und Spionage zu 27 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt - zum Glück für ihn in Abwesenheit.

Die Botschaft bleibt klar: Wer das freie Wort führt, hat in der türkischen Öffentlichkeit nichts zu suchen. Grund genug, unsere Protestaktion unbefristet fortzusetzen!

Rolf Albrecht
   
vergrößern
Rückseite der Druckausgabe BAU im März 2017:
"Die Schattenseite".
(Bild: Edition Professionell)
  Leserkontakt
  zurück blätternSeitenanfang