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 Tempolimits: Glaubenskrieg,
Raserei & Bußgeld-Abzocke
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 Deutlich erhöhte Bußgelder samt Fahrverboten - und deren Unwirksamkeit durch fehlerhafte Gesetzgebung waren auch 2020 ein emotional aufgeladenes Thema.

"Freie Fahrt für freie Bürger" hieß es schon vor Jahrzehnten, als die meisten Autos zum "Rasen" jenseits der heute alltäglichen 200 km/h gar nicht in der Lage waren.

Heute leben wir mit teils sinnlos übermotorisierten Fahrzeugen, auf meist überfüllten Straßen, in einem Schilderwald mit raren Lichtungen, wo für den Staat die täglichen Millionen aus Knöllchen und Bußgeldern zum normalen Dauereinkommen zählen.

Ziele und maßvolles Handeln haben dabei nicht nur eine rasende Minderheit am Steuer, sondern oft auch Politiker, Bürokraten und Bußgeld-Maximierer aus den Augen verloren. Folgend deshalb einige Gedanken und Beispiele zu Problemen und Reformoptionen.


Was für ein Fahrer bin ich, der hier jedermann Ratschläge geben will? Vom Moped als Jugendlicher über mehrere Motorräder mindestens 100.000 km als Biker. Geschätzt das über 9-fache als Autofahrer. Also vermutlich über 1 Mio. Fahrkilometer. Schwerster eigener Unfall: Blechschaden durch Fehlbremsung auf Ölspur - vor ca. 35 Jahren.

Verkehrssünden: Ein paar Knöllchen wegen geringer Tempoüberschreitung und 2 x 1 Punkt in Flensburg: a) vor ca. 25 Jahren auf der B3 südlich Hannover, auf meilenweit freier Landstraße bei nur erlaubten 70 km/h über 90 gefahren. b) vor ca. 10 Jahren im Allgäu auf einer ebenfalls völlig freien Autobahn noch gut 120 gefahren - aber das Tempo war hunderte Meter vor einem Tunnel bereits auf 100 limitiert. In beiden Situationen habe ich die Strafe als unangemessen empfunden.

Manchmal fahre ich schnell, mag Beschleunigung, was besonders mit dem Motorrad, aber auch mit dem Super-Drehmoment von E-Autos Spaß macht. Aber meistens fahre ich zügig - mit Blick auf vorausschauendes, energiesparendes Fahren. Aber nun zu den Tempo-Fragen, beginnend mit der heiligsten Kuh:

Die unlimitierte Autobahn
     
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 Die ewige öffentliche Debatte kennt gefühlt nur zwei Meinungen: Die Einführung eines allgemeinen Tempolimits bei zumeist 120 oder 130 km/h. Dem stehen die Autolobbyisten und Tempofreigeister mit dem ewigen "No Limits" gegenüber, was bei heutiger Autotechnik bedeutet, auch 300 km/h seien okay auf einer öffentlichen Autobahn, private Autorennen inklusive - auch als Attraktion für völlig Tempo-ungeübte Raser-Touristen, die extra für dieses Kick nach Deutschland kommen.

Bisher fehlen Kompromisse, was man schon daran erkennt, dass individuelle Tempolimits nur bis 130 km/h existieren. Was spricht dagegen, auf manchen Strecken z. B. das Tempo auf 150 oder 180 km/h zu begrenzen? Auch ein generelles Tempolimit von 200 km/h würde erst Schnellfahrern jenseits von 220 km/h Punkte und relevante Bußgelder androhen. Oder man könnte z. B. ab 180 km/h den vorgeschriebenen Mindestabstand verdoppeln.

Übertriebene Tempolimits

Zur Akzeptanz von Tempolimits gehört auch die Vermeidung von zu niedrigen Tempolimits. Manches Autobahnlimit könnte getrost von 100 auf 120 oder von 120 auf 130 km/h erhöht werden.

Das gilt auch für Autobahnbaustellen: Manchmal wird man kilometerlang auf nicht nachvollziehbare 60 km/h begrenzt, wo vergleichbare Baustellen allgemein 80 km/h zulassen. Und in nicht so engen Baustellenstrecken kann man auch getrost 100 km/h erlauben - Gefahrenstellen natürlich ausgenommen.

Fehl-Limits als Einnahmequelle

Ortsschilder, die weit vor dem Ort stehen, sind ebenso ein lukrativer Blitz-Standort, wie Tempolimits weit vor irgendeinem Hindernis. Manche Limits sind sogar völlig sinnbefreit. Beispiel: In unserer Region wurde die sonst kilometerweit freie Landstraße von Schliengen nach Neuenburg am Rhein wegen Frostschäden von 2017 bis 2020 auf 70 km/h limitiert. Nachdem die Schlaglöcher repariert waren, sind die Schilder aber geblieben. Ignorieren wurde selbstredend durch einnahmeträchtige Laserkontrolle sanktioniert, bis 2020 eine neue Fahrbahndecke aufgebracht wurde.

Tempo 30 auf Durchfahrtstraßen

Wie beim Autobahnlimit haben wir es hier vielerorts mit einem ideologisiertem Streit zu tun. Die radikalen Befürworter verkennen, dass eine Durchfahrtstraße eine andere Funktion hat als ein Wohngebiet. Dabei geht es nicht nur um die unnütze Fahrzeit, die allen aufgezwungen wird. Benzin- und Dieselfahrer müssen meist zwei Gänge runterschalten, was den Verbrauch und die Abgasmenge erhöht. Auch ist das Fahrzeug als Lärmquelle viel länger in hörbarer Nähe.

An manchen Stellen mag Tempo 30 angemessen sein, aber nicht als omnipräsente Reglementierung. Manche Kommunen haben dieses bereits erkannt und setzen als Kompromiss auf Tempo 40. Das entschleunigt, degradiert einen aber nicht zur Schnecke.

Lärmschutz & E-Mobilität

Einerseits bringen Tempolimits für den Lärmschutz nur bedingt die gehofften Ergebnisse. Je nach Fahrzeug, Fahrstil und Auspuff-Sound werden manche Fahrzeuge verlangsamt sogar lauter.

Während man bei den lärmstärksten Fahrzeugen besser durch technische Vorgaben den Lärm-Hahn zudreht, haben E-Autos das umgekehrte Problem - sie fahren fast geräuschlos, müssen sich aber dennoch an die für sie völlig unsinnigen Lärmschutz-Tempolimits halten. Hier wäre eine Freistellung logisch notwendig.

Rolf Albrecht
     
   
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