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 Fachtagung VBSF im Resort
Bürgenstock: Spezialkonzept
Qualitätssicherung Brandschutz
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 Autor: Dr. Ruedi Knutti, Arbeit und Gesundheit

Die Vorstände der Sektionen Mitte und Ost des VBSF, des Schweizerischen Vereins von Brandschutz- und Sicherheitsfachleuten, hatten nicht mit einem solchen Ansturm von Teilnehmenden gerechnet, als sie erstmals zu einer gemeinsamen Tagung einluden.

Die Gelegenheit für einen Blick hinter die Kulissen des 2017 neu eröffneten Bürgenstock Resort1 wollten sich rund 100 Vereinsmitglieder nicht entgehen lassen.


Der Grossandrang hatte allerdings zur Folge, dass das Programm geändert werden musste: Statt der einleitenden Führung durch das gesamte Areal und die Gebäulichkeiten des Bürgenstocks ging es gleich in den Vortragssaal des Waldhotels, wo Roland Wyrsch, Gesamt-Projektleiter Bürgenstock Resort, aufzeigte, was es brauchte, um aus dem zum grossen Teil unter Denkmalschutz stehenden und dringend renovationsbedürftigen Hotelkomplex das neue «Resort Bürgenstock» in neuem Glanz wieder auferstehen zu lassen.

Das Grand Hotel wurde 1873 als reines Sommerhotel gebaut. Dass nicht nur die innere Struktur des Gebäudes, sondern auch die Aussenwände den heutigen Anforderungen an die Statik – inkl. Erdbebenschutz – nicht mehr genügten, überzeugte auch den kantonalen Denkmalschutz. Der Kompromiss war dann der innere Umbau und die originalgetreue Rekonstruktion der Fassade.

Mit vielen Verzögerungen – die Eröffnung war ursprünglich schon 2015 geplant –  ist 450 m über dem Vierwaldstättersee ein 60 Hektar grosser Tourismuskomplex entstanden: 383 Zimmer und Suiten, zusätzlich 68 Residence-Suiten mit Hotelservice, zwei Luxushotels und ein Medical-Wellness-Hotel. Dazu kommen ein 10.000 m² grosses Spa, ein Konferenzzentrum, zwölf Restaurants, Kino, überdachte Tennisplätze, Golfplatz sowie eine vollständig neu erstellte Standseilbahn mit der Talstation in Kehrsiten2.

Aus den Darstellungen von Roland Wyrsch wurde deutlich, dass sich die Bauherrschaft und die Behörden, welche die notwendigen Baubewilligungen erteilen mussten, oft und lange miteinander um gemeinsam akzeptierbare Lösungen gerungen hatten.

Besonderheiten des Brandschutzes
auf dem Bürgenstock


Die spektakuläre Lage des Bürgenstock Resorts stellt durch die geografische Abgelegenheit auch ausserordentliche Anforderungen an den Brandschutz, da die Feuerwehr und andere Blaulichtdienste: vom nächst gelegenen Ort Stansstad auf eine Strecke von 6 km 450 m Höhendifferenz überwinden müssen.

Dr. Alois Schälin3 zeigte in seinem Referat die besonderen Aspekte auf, die bereits in der Planungsphase zu berücksichtigen waren. Der Anlagenkomplex des Bürgenstock Resort umfasst 30 Gebäude und erstreckt sich über einen Kilometer. Er liegt zudem auf dem Gebiet zweier Gemeinden, die nur gerade auf dem Bürgenstock selbst eine gemeinsame Grenze haben – immerhin gehören beide zu Nidwalden, sodass nur die Behörden eines Kantons bei diesem Mammut-Projekt gefordert waren und noch immer sind. Als externe Behörde kommt allerdings noch das Bundesamt für Verkehr ins Spiel, das für die Standseilbahn bzw. deren Erneuerung, zuständig ist.

Im Endausbau sollen rund 1.000 Gästebetten zur Verfügung stehen. In den Restaurants und Banketträumen gibt es 800 Plätze und bei besonderen Events werden bis zu 1.200 weitere Gäste erwartet. Es wird erwartet, dass bei Vollausbau 800 Mitarbeitende im Resort beschäftigte sind.

Die lange Planungs- und Realisierungszeit führte auch dazu, dass die ursprünglich nach den Brandschutzvorschriften VKF 2005 gemachten Planungen und Bewilligungen in einzelnen Bereichen auf Ersuchen der Bauherrschaft auf die revidierte VKF 2015 angepasst wurden. So unterscheidet die VKF 2015 neu zwischen Gebäuden geringer Höhe bis 11 m, Gebäuden mittlerer Höhe bis 30 m und Hochhäusern über 30 m. Das terrassenförmig im Hang liegende neue 11-stöckige Hotel Waldhaus wurde schon 2011 als «Nicht-Hochhaus» eingestuft, bzw. aufgrund der Hanglage mit 2 Feuerwehrzufahrten als 2 Gebäude taxiert.

Umsetzung QS-Brandschutz-Theorie
in der Praxis auf dem Bürgenstock


...war das Thema von Beda Ryser, dem für das Projekt Bürgenstock zuständigen Präventionsexperten bei der kantonalen Nidwaldner Sachversicherung NSV4. Das Resort hat zwar nur eine Bauherrschaft, aber in den direkten Kontakten gab es eine Vielzahl an Bauherrenvertretungen. Die NSV war zudem mit vielen verschiedenen Planern und Unternehmern konfrontiert – und dies bei einer grossen Zahl von Bauten und Nutzungen.

Während der langen Planungs- und Realisierungszeit gab es auch immer wieder – auf den ersten Blick scheinbar triviale, für die Nachführung aller betroffenen Brandschutz-Dokumente und Einsatzpläne aber arbeitsintensive – Änderungen, wie neue Strassennamen und andere Gebäudenummern. Geschosse erhielten neue Bezeichnungen und auch ganze Gebäude wurden umbenannt.

Eine weitere Herausforderung: Die Bürgenstock Hotels AG hatte beschlossen, das bestehende eigene Stromversorgungsnetz für das gesamte neue Resort anzupassen und weiterhin zu betreiben – und musste daran erinnert werden, dass damit auch gesetzliche Verpflichtungen verbunden sind5.

Die Qualitätssicherung der geplanten Brandschutzmassnahmen durch die Bauherrschaft ist ein weiterer Bereich, der Beda Ryser und seine Leute auf Trab hält. Dazu gehören auch all die verschiedenen Stolpersteine, von denen nur gerade ein Beispiel erwähnt werden soll: Küchen mit Friteusen und direkt darüber angeordnetem Sprinklerschutz. Auch wenn dies im Prinzip regelkonform ist6, eine brennende Friteuse lässt sich sehr viel besser mit anderen Mitteln löschen. Sprinklerwasser ist definitiv nicht das Mittel der Wahl. Ryser gab zum Abschluss seines eindrücklichen Referats noch einen Tipp: Den Brandschutz frühzeitig planen!7

Interventionskonzept Bürgenstock

Soweit die baulichen, technischen und organisatorischen Vorkehrungen, damit es möglichst nicht zu Bränden kommt. Toni Käslin, Feuerwehrinspektor Ob- und Nidwalden, erläuterte in seinem Beitrag das Interventionskonzept für den Fall, dass all die Präventionsmassnahmen trotzdem nicht ausreichen.

Die 10 Ortsfeuerwehren in Nidwalden verfügen über rund 1.000 Miliz-Feuerwehrleute. Ihr Plus: Sie kennen die örtlichen Verhältnisse – die negative Seite: viele sind tagsüber beruflich ausserhalb des Wohnorts tätig.

Der Bürgenstock ist von Stansstad aus für einen Einsatz mit schweren Fahrzeugen nur über die 6 km lange Bergstrecke erreichbar. Da das Bürgenstock Resort, wie bereits erwähnt, auch auf dem Gebiet der Gemeinde Ennetbürgen liegt, beteiligt sich Ennetbürgen an der Finanzierung der Feuerwehrbereitschaft der Feuerwehrabteilung Obbürgen zu Gunsten des Bürgenstock Resorts. Mit anderen Worten: Damit es auf dem Bürgenstock zu keinem Grossbrand kommt, müssen die präventiven Massnahmen und der Einsatz der Feuerwehr aufeinander abgestimmt werden.

Die Nidwaldner Sachversicherung NSV

Nach dem Präventionsspezialisten Ryser und dem Feuerwehrinspektor Toni Käslin, gab zum Abschluss noch Walter Mathis, Leiter Versichern, als dritter Vertreter der NSV einen kurzen Überblick über seinen Tätigkeitsbereich, der namensgebenden Rolle der NSV als kantonale Gebäudeversicherung. Er erinnerte daran, dass die Versicherungsprämien in den 19 Kantonen mit kantonal geregelter Gebäudeversicherung tiefer sind als in den sieben Kantonen mit einer Lösung durch Privatversicherer.

Was für ihn aber besonders zählt sind die Synergien, die sich bei der Nutzung der Informationen durch die für Versicherung, Prävention und Intervention zuständigen Fachbereiche der NSV ergeben. Bereits die Baueingaben werden auf der kantonalen Datenplattform erfasst und aktualisiert und stehen so bei Bedarf allen beteiligten Amtsstellen zur Verfügung.

Seilbahn-Talfahrt nach Kehrsiten

Den Abschluss des Tages bildete dann die Talfahrt mit der Bürgenstock eigenen Standseilbahn nach Kehrsiten und die Rückfahrt nach Luzern mit dem im Shuttle-Betrieb auf dieser Strecke eingesetzten, futuristisch anmutenden Katamaran.

1 https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%Buergenstock
2 www.buergenstock.ch/media/560251/17_06_21
   _bhr_mm_eroeffnung.pdf
3 AFC Air Flow Consulting AG – www.afc.ch/
4 Die kantonale Nidwaldner Sachversicherung NSV ist
   gegliedert in die Bereiche Versicherung, Prävention
   und Feuerwehr. www.sichere-sache.ch
5 Starkstromverordnung, 3. Abschnitt: Massnahmen
   bei Unfällen und Schadenfällen durch Elektrizität. –
   https://www.admin.ch/opc/de/classified-
   compilation/19940082/index.html
6 3.2.3 Notwendige Ausnahmen vom Sprinklerschutz
   https://services.vkg.ch/rest/public/georg/bs/
   publikation/documents/BSPUB-1394520214-
   97.pdf/content
7 GVZ – Gebäudeversicherung Kanton Zürich:
   Broschüre «Brandschutz frühzeitig planen –
   Orientierungshilfe für Eigentümer und Planer»
   www.gvz.ch/_file/247/bs0014-bs-fruehzeitig-
   planen-flyer-web-dez15-27012016-1.pdf


Historie des Bürgenstock

1871 hatten die Hotelpioniere Franz Josef Bucher und Josef Durrer aus Kerns die Alp auf dem Gelände des heutigen Bürgenstock gekauft und innert zweier Jahre 1873 das Hotel Kurhaus eröffnet. 1888 kam die Standseilbahn Kehrsiten-Bürgenstock und das Park-Hotel dazu sowie 1904 – sechzehn Jahre später – das Palace Hotel.

1925 übernahm der Unternehmer Friedrich Frey die ganze Anlage und sanierte die Hotels. Es folgten die Jahre mit illustren Gästen, welche den Bürgenstock noch bekannter machten.

Ab 1966 wechselten die Eigentümer, bis dann 2008 ein Staatsfonds aus dem Emirat Katar einstieg und den Neustart wagte.

Das neue Bürgenstock Resort setzt auf fünf Pfeiler: Medical Wellness (Waldhotel), Kongresse und Konferenzen, Hotels und Spa, Residence-Suiten mit Hotelservice und Lokaltourismus.
   
    
 
 
 
 
 
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Das Panoramabild erinnert an die alten Zeiten des Bürgenstock mit der Talstation der Bürgenstockbahn.
(Bild: IZA)
   
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